Buchvorstellung: „Die Welt als Zahl“ von Ian Stewart
Das jüngste Werk aus der Feder von Ian Stewart verfolgt das Ziel, den Nutzen und die Bedeutsamkeit von Mathematik im Alltag des modernen Menschen aufzuzeigen, so obskur sie auch einmal geschienen haben mag. Entsprechend führt sein Streifzug auch durch diverse Teilgebiete, von abstrakter Algebra zu zweckorientierter Zahlentheorie, von Aufteilungs-Algorithmen zu Zeitausgleichs-Zufallszahlen – womit schon klar wird, daß die konkreten Rechnungen heute von Computern ausgeführt werden, ihnen aber auch viel Theoriebildung vorausgeht.
Die verborgenen Anwendungen moderner Mathematik spürt Stewart in Bereichen wie Politik, Logistik, Transplantationen, Kommunikationstechnik, Animationsfilmen, Bauteiloptimierung und der Modellierung von Klimaeffekten auf. Eingebettet sind diese Darstellungen von Anwendungen stets in Geschichte und Geschichten, von Entdeckungen und ihren Entdeckern.
Programmatisch ist die Auswahl von Anwendungen, die bei der Entdeckung überhaupt nicht im Horizont der jeweiligen Mathematiker gewesen sind. Insofern liest sich das Buch auch als Plädoyer für die freie, nicht an Wirtschaft und aktuellen Zwecken orientierte Forschung. Dabei urteilt Stewart kühn, mathematische Methoden seien prinzipiell übertragbar. Das Lesevergnügen leidet allerdings unter der deutschen Bearbeitung: Informatiker heißen hier Computerwissenschaftler. Polyeder wurden umgetauft in Polyhedrons. Trump war der fünfte US-Präsident. Bei einem Verlag wie Rowohlt erstaunt mich die angefundene Häufung derart gravierender Fehler. Fair genug, würde ich sagen, denn so wurde „fair enough“ übersetzt.
Abgesehen von solchen Pannen ist das Buch selbst für Mathematiker lesenswert, wenn sie sich vergegenwärtigen, daß es sich um Populärwissenschaft handelt. Allgemein wird das Buch dem eigenen Anspruch durchaus gerecht: dem Leser eine anerkennende Bewunderung für die Anwendbarkeit der Mathematik in unserem Alltag abzugewinnen.
von Hauke RehrInfo-Kasten
Autor: Ian StewartTitel: Die Welt als Zahl
Taschenbuch, 1. Auflage 2024, Rowohlt Taschenbuch Verlag Verlag
432 Seiten, 18,00 €
ISBN: 978-3-499-00930-3