Die Bundesrunde vom 22. bis 25. Juni 2003 in Bremen wurde vom Senator für
Bildung und Wissenschaft der Freien Hansestadt Bremen und dem Verein
Mathematik-Olympiaden e.V. ausgerichtet.
Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten
und wurde unterstützt von der Universität Bremen
und der International University Bremen (IUB).
Insgesamt nahmen an dieser Veranstaltung 178 Schülerinnen und Schüler teil.
In sechs Altersgruppen (Klasse 8 bis 13) wurde um die besten Leistungen in zwei Klausuren
zu je drei Aufgaben gestritten. Alle Aufgaben (ohne Lösungen) sind unter
www.mathematik-olympiaden.de
einsehbar. Dort wird auch auf die Jahresbände verwiesen, in denen Aufgaben,
Lösungen und Berichte enthalten sind.
Die Jury verlieh elf erste Preise, 26 zweite Preise und 38 dritte Preise.
Zusätzlich erhielten drei Schüler Buchschecks der Deutschen Mathematiker-Vereinigung
und 29 Teilnehmer eine Anerkennung.
Zwei Schüler erhielten zudem einen Sonderpreis für die elegante Lösung
einer Aufgabe. Diese beiden prämierten Lösungen werden voraussichtlich im
Heft 15 des Mathematik-Olympiaden e.V. abgedruckt.
Thüringen war mit zwölf Startern vertreten, die sich durch ihre Ergebnisse bei
der Landesmathematik-Olympiade
qualifiziert hatten. Die Auswahl der Starter fiel nicht leicht. So wurden zur
Entscheidungsfindung in Klassenstufe 9, 11 und 12 Ausscheidungsklausuren
geschrieben.
Für insgesamt 49 Schülerinnen und Schüler konnte ein Vorbereitungslehrgang
vom 12. bis 14. Juni in Erfurt angeboten werden.
Die Thüringer Schüler wurden durch Dr. Gerhard Roesch (Apolda) und
Hans-Joachim Brenner (Erfurt) begleitet.
Ergebnisse der Thüringer Starter
- 1. Preise:
- Stefan Günther (Kl. 8, Gotha),
Christian Hercher (Kl. 11, Jena)
- 2. Preise:
- Kolja Szillat, Christian Richardt (beide Kl. 11, Erfurt),
Franziska Löbel (Kl. 11, Jena),
Martin Huschenbett, (Kl. 12, Erfurt)
- 3. Preise:
- Susanne Lindner, Martin Thomas (beide Kl. 9, Jena),
Tobias Schoel (Kl. 11, Erfurt)
- Anerkennungen:
- Jörg Bader (Kl. 8, Jena),
Markus Oehme (Kl 9, Jena)
Die Preisträger aller Klassenstufen größer gleich 9, die vom Alter her zum
Start berechtigt sind, wurden für die IMO-Auswahlklausuren vorgeschlagen.
Gesamtergebnisübersicht
Bundesland |
Anzahl Starter |
Preise |
Aner- kennung |
empty; Punkte |
1. |
2. |
3. |
Baden-Württemberg | 11 | – | 3 | 2 | 2 | 25,2 (21,1) |
Bayern | 13 | 3 | 5 | 1 | 2 | 30,4 (30,6) |
Berlin | 13 | 1 | 1 | 3 | 3 | 27,0 (29,5) |
Brandenburg | 13 | 1 | 2 | 8 | 1 | 29,6 (26,4) |
Bremen | 9 | – | 1 | 1 | 1 | 19,9 (14,1) |
Hamburg | 11 | – | 3 | 1 | 2 | 22,8 (23,2) |
Hessen | 12 | – | 1 | 2 | 3 | 22,3 (16,7) |
Mecklenburg-Vorp. | 10 | – | 1 | 1 | 2 | 22,5 (22,5) |
Niedersachsen | 8 | – | – | – | – | 14,0 (19,5) |
Nordrhein-Westfalen | 13 | 1 | 2 | 5 | 2 | 28,7 (23,8) |
Rheinland-Pfalz | 10 | – | – | 1 | 2 | 19,1 (16,8) |
Saarland | 8 | – | – | – | – | 8,5 (11,3) |
Sachsen | 13 | 3 | 1 | 5 | 1 | 28,5 (27,3) |
Sachsen-Anhalt | 12 | – | 2 | 5 | 1 | 27,0 (25,6) |
Schleswig-Holstein | 10 | – | – | – | 5 | 21,7 (24,6) |
Thüringen | 12 | 2 | 4 | 3 | 2 | 29,5 (23,9) |
Bemerkung: Pro Starter waren 40 Punkte erreichbar. In der letzten Spalte sind zum
Vergleich die Werte des Vorjahres in Klammern angegeben.
Thüringen hat den (Abwärts-)Trend der letzten Jahre durchbrechen
können und ein sehr erfreuliches Ergebnis erzielt.
Die gesamte Veranstaltung wurde auf dem Campus der
International University Bremen (IUB)
durchgeführt. Die Semesterferien hatten bereits
begonnen, so dass der gesamte Campus zur Verfügung stand.
Das Freizeitprogramm war reichhaltig. Es wurden angeboten:
- Besuch der Fliegerschule der Lufthansa
- Ökostation
- Besichtigung von STN Atlas-Elektronik
- Führung durch den Ort Worpswede
- Besichtigung des Bremer Werkes von DaimlerChrysler
- Stadtführungen
- Besichtigung der Werft “Bremer Bootsbau Vegesack”
- Besichtigung von “Astrium” (EADS Space Transportation)
- Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger
- Schifffahrtsmuseum Bremerhaven
- Mathematische Vorträge für Betreuer und Ehemalige
Verständlicherweise gab es für einige dieser Angebote leider nur begrenzt
Plätze. Zu einer herausragenden Idee der Veranstalter gehörte eine Einladung zu
einem Ehemaligentreffen. Diese wurde von ca. 20 Leuten, zumeist Studenten,
angenommen. Neben der Beteiligung an der Korrektur und dem Besuch
mathematischer Vorträge stand das Wiedersehen und der Erfahrungsaustausch
im Vordergrund.
Am Mittwoch wurde in der IUB die feierliche Siegerehrung durchgeführt. Nach
der Eröffnung durch Dr. Kurth (Landesbeauftragter des MO e.V. in Bremen)
wurden Grußworte des Präsidenten der IUB, Dr. Schaumann, des Senators
für Bildung und Wissenschaft der Freien Hansestadt Bremen, Herrn Lemke, und des
Konrektors der Universität Bremen, Prof. Richter, an die Anwesenden
gerichtet. Den Festvortrag hielt Prof. Dr. John Hubbard, Cornell University
(Ithaca/NY) zum Thema “Die Geburt der komplexen Dynamik in Pariser
Kaffeehäusern”. Anschließend wurden die Sieger geehrt und die Sonderpreise
verliehen. Stellvertretend für die Bremer Organisatoren wurde Herrn Dr. Kurth und
Prof. Dierk Schleicher für die Durchführung gedankt. Schließlich
übergab der 1. Vorsitzende des Mathematik-Olympiaden e.V.,
Prof. Dr. H.-D. Gronau, den Staffelstab an Herrn Klaßen, Landesbeauftragter von
Nordrhein-Westfalen, als Gastgeber der Bundesrunde 2004 in Essen
(www.mo-2004.de).
Anschließend wurde per Schiff mit Buffet zum Martinianleger gefahren. Von
dort eine angemeldete DeMonstration “Für mehr Mathematik”, die
unter Polizeigeleit zum Bahnhof führte.
Einige Bemerkungen zu den Aufgaben, zur Korrektur etc.
Manche Schüler hatten ein Einsehen mit den Korrektoren.
“Jetzt folgt noch der Beweis für die Kongruenz der Dreiecke … (Wenn
Sie die Offensichtlichkeit dieser Kongruenz nicht akzeptieren, werden Sie
ihn noch lesen müssen.)”
Die Interpretation einiger Schülerlösungen war aber nicht einfach.
Dafür ein Beispiel:
“Es gibt keine kleinere Zahl als die Primzahl selbst, so dass
ihre Fakultät durch diese Primzahl teilbar ist, da es überhaupt keine
kleinere Zahl als die Primzahl gibt, durch die die Primzahl teilbar ist.”
In die Geschichte der Mathematik-Olympiaden eingehen wird die Raupe
Nummersatt. Hierzu sei zunächst die Aufgabe vermerkt:
Aufgabe 421343
Gegeben ist ein Quadratgitter aus N × N Kästchen.
N sei eine ungerade Zahl größer gleich 3. Die Raupe Nummersatt
sitzt in dem Kästchen genau in der Mitte des Gitters. Jedes der
übrigen Kästchen enthält eine positive ganze Zahl. Über die
Verteilung der Zahlen ist nur bekannt, dass sich in keinen zwei Feldern die gleiche
Zahl befindet. Nummersatt möchte durch dieses Zahlenmeer einen Weg nach
draußen finden. Sie kann dabei von einem KÄstchen stets nur zu einem
entlang einer Seite angrenzenden Kästchen weiterwandern und muss jede Zahl
fressen, durch deren Kästchen ihr Weg führt. Jede Zahl n wiegt
1/n kg und Nummersatt kann insgesamt nicht mehr als 2 kg Zahlen fressen.
Man untersuche
- für N = 2003,
- für alle ungeraden Zahlen N ≥ 3,
ob die Zahlen im Gitter so ungünstig verteilt sein können, dass Nummersatt
keinen Weg nach draußen finden kann, auf dem höchstens 2 kg Zahlen liegen.
(Aufgabenautor: Ben Liese)
Punkte | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | ∅ |
Klasse 11 | 19 | 5 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0,21 |
Klasse 12 | 24 | 8 | 1 | 2 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0,46 |
Klasse 13 | 14 | 4 | 1 | 5 | 1 | 1 | 0 | 0 | 1,69 |
Die Ergebnisübersicht macht deutlich, dass diese Aufgabe von
den Schülern nicht bewältigt wurde.
Mit 7,75% der erreichten Punkte ist diese Aufgabe die schwerste in der Geschichte
der Mathematik-Olympiaden überhaupt. Nur Christian Reiher aus Pfaffenhofen
(5 von 7 Punkten) beherrschte die Raupe Nummersatt. Seine Lösung enthielt einige
Fehler, die aber reparierbar sind. Davon haben sich die Korrektoren überzeugt.
Alle anderen Lösungen waren speziell auf N = 2003 zugeschnitten und es
blieb fraglich, ob sich die Ideen auf den allgemeinen Fallübertragen lassen.
Nummersatt hatte zur Folge, dass die Preisvergabe in Klasse 11 zu einer Art
Glücksspiel wurde, denn die ersten 12 Schüler lagen alle im Bereich von 31 bis 34
Punkten.
Bisher war die nachfolgende Aufgabe aus dem Jahre 1970, der sogenannte
“Pirlsche Hammer” (nach dem Aufgabenautor Prof. Dr. Udo Pirl) die schwerste.
Aufgabe 091246
Es ist zu beweisen, dass für jedes Quadrupel positiver reeller Zahlen
a, b, c, d die Beziehung
gilt, und es ist zu untersuchen, in welchen Fällen Gleichheit eintritt.
Die Lösung gelang damals nur W. Burmeister. A. Felgenhauer erzielte 4 von 8
Punkten und alle anderen Schüler erhielten 0 oder (bei Angabe, wann
Gleichheit gilt) 1 Punkt. Der Beweis ist über Eigenschaften der Nullstellen der
elementarsymmetrischen Funktionen erbringbar. Lange Zeit glaubte man, dass die
Verwendung von Mittelungleichungen nicht zum Ziel führt. J. Rossmann zeigte 1982,
dass die Anwendung der Mittelungleichungen doch erfolgreich ist, in dem er die
verallgemeinerte Ungleichung für n positive reelle Zahlen bewies
(IMO-Übungsaufgaben Heft 12(1982)). Es sei noch bemerkt, dass bei Hardy,
Littlewood, Polya in “Inequalities”, London 1934 steht, dass diese allgemeine
Ungleichung bereits 1631 von Taylor bewiesen wurde.
Noch zwei Aufgaben zum Selbstlösen.
Aufgabe 421146
Man beweise, dass es unendlich viele Paare natürlicher Zahlen (a;b) mit
a,b > 2 und folgenden Eigenschaften gibt:
- Der größte gemeinsame Teiler von a und b ist 1.
- Die Zahl a ist Teiler von b2 − 4.
- Die Zahl b ist Teiler von a2 − 4.
Aufgabe 421346
Man löse Aufgabe 421146, indem man zuvor die beiden Vieren durch Fünfen ersetzt hat.
Dr. Wolfgang Moldenhauer, Bad Berka
|